Biostimulanzien

Biologische Wundermittel für die "Rasen-Resilienz"?

Wenn es um Wachstum und Pflanzengesundheit geht, zählen Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu den wichtigsten Produkten im Garten- Landschafts- und Sportplatzbau. Jetzt kommt eine neue Produktkategorie hinzu, dabei handelt es sich um Präparate zur Boden- und Pflanzengesundheit, die oft mit einem hohen Werbeversprechen als Problemlöser angeboten werden. Die Bedeutung dieser Substanzen hat stark zugenommen, sodass auf EU-Ebene seit jüngster Zeit für diese innovative Produktgruppe der Oberbegriff „Biologicals“ als neue Klasse von Betriebsmitteln eingerichtet wurde, die weder Pflanzenschutz- noch Düngemittel sind. In der offiziellen Definition nach EU-Düngeprodukte-Verordnung 2019/1009, gehören „Pflanzen-Biostimulanzien“ zur Produktfunktionskategorie (PFC) 6.

Was steckt drin und wie ist die Wirkung?

Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei Biostimulanzien um biologische Produkte, die durch stimulierende Wirkungen Pflanzen beeinflussen. Es geht also um Substanzen aus natürlichen Rohstoffen, die Stoffwechselprozesse in Pflanzen aktivieren. Somit können in der Pflanze auf umweltfreundliche Weise, präzise Mechanismen angeregt werden, um beispielsweise bei Hitze und Trockenheit gezielt Wasser einzusparen (MELCHER, 2023).

Offiziell heißt es:
„Ein Pflanzen-Biostimulanz ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produktes zu stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer Merkmale der Pflanze oder der Rhizosphäre der Pflanze abgezielt wird (HARTMANN, 2022), z.B.:

  • Effizienz der Nährstoffverwertung
  • Toleranz gegenüber abiotischem Stress
  • Verbesserung von Qualitätsmerkmalen oder
  • Stimulierung von Stoffwechselprozesse der Pflanze.

Bei den Biostimulanzien handelt es sich sowohl um erprobte Produkte wie auch völlig neue Ansätze bei der Entwicklung mit einem breiten Spektrum von unterschiedlichen Ausgangsstoffen mit sehr vielfältigen Wirkungsweisen und Einsatzgebieten. So kommen beispielsweise Mikroorganismen, Algenpräparate (Seetang, Kelp), anorganische Substanzen, Aminosäuren sowie Humin- und Fulvosäuren zur Anwendung (Abbildung 1).

biostimulanzien 01 ausgangsstoffe

Abb. 1: Die Ausgangsstoffe für Biostimulanzien können vielfältig sein (DRAAKEN,2023).

Wirksamkeit muss geprüft sein

Mit der Zulassung dieser Produktgruppe wurden auch entsprechende Prüfstandards vom Europäischen Normungsinstitut (CEN) entwickelt. Für den Anwender dieser Präparate bedeutet das eine erhöhte Sicherheit bei der Wirkung; denn die ausgelobten Eigenschaften müssen im Prüfverfahren nachgewiesen werden. Biostimulanzien können eine direkte Wirkung auf die Kulturpflanzen haben oder ihre Wirkung über den Boden entfalten.

Substanzen werden nur zugelassen, wenn Ihre Wirksamkeit unabhängig bestätigt wurde und daraufhin eine offizielle Zertifizierung erteilt wird. Die vom Hersteller/Vertriebsfirma beantragte Zulassung gilt dann in ganz Europa. Die Wirkung – im Zusammenhang mit der Zertifizierung spricht man von Auslobung – muss auf dem Produkt-Etikett des Biostimulanz genau beschrieben sein, und es darf nur ausgelobt werden, was wirklich zuvor bestätigt werden konnte. Nach MELCHER (2023) werden hierzu Feld-, Gewächshaus- oder Laborversuche bzw. Klimakammerversuche angelegt, in denen behandelte Pflanzen mit unbehandelten Pflanzen direkt verglichen werden.  Da Biostimulanzien vor allem in Extremsituationen ihre Wirksamkeit zeigen, ist es immer ratsam, diese auch unter Stress zu testen.

biostimulanzien 02 testverfahren

Abb. 2: Schnelle biotechnologische Testverfahren im Labor liefern erste Nachweise zur Wirkung von Biostimulanzien auf monokotyle und dikotyle Nutzpflanzen (MELCHER, 2023).

Echter Vorteil bei der Pflanzenentwicklung

Beim Anbau von Kulturpflanzen, das gilt auch für Rasengräser, stehen wir bei stetig steigenden Ansprüchen an die Qualität, bei zunehmend extremeren Wettersituationen und bei den steigenden behördlichen Auflagen und Regulierungen vor einer großen Herausforderung. Die Zuordnung der Biostimulanzien in der Düngeprodukteverordnung (PFC 6) bringt somit für den Anwender einen echten Vorteil bei der Pflanzenentwicklung.
Einfache und einseitige Verfahren bei der Lösung von Rasenproblemen werden in der Zukunft eher seltener sein; denn bei der Ausrichtung der ‚Rasenpflege stehen verstärkt die Anforderungen einer nachhaltigen und ökologisch ausgerichteten Bewirtschaftung von Rasenflächen im Fokus. In diesem Zusammenhang werden Biostimulanzien zukünftig eine noch stärkere Bedeutung gewinnen.

Quellenhinweise:

Fachbegriffe kurzgefasst

Naturstoffe im Fokus

Die Einführung einer neuen Produktgruppe neben Dünge- und Pflanzenschutzmittel hat auch zu einer Ausweitung bei den Begriffen geführt. Pflanzen-Biostimulanzien helfen bei abiotischem Stress (Trockenheit, Frost, Temperaturextreme). Biologische Pflanzenschutzmittel helfen bei biotischem Stress (Krankheiten, Schadinsekten, Unkräuter). Bei der Benutzung verschiedener Fachbegriffe kommt es häufiger zu Verwechselungen, da je nach Betrachter etwas anderes gemeint wird. Für einige wesentliche Bezeichnungen sollen hier die Bedeutungen kurz erläutert werden.

Biologicals
  • Der Begriff „Biologicals“ steht übergeordnet für den Zusammenschluss von Substanzen und Wirkstoffen, die unter Verwendung von Stoffen natürlichen Ursprungs (Pflanzenextrakten, Mikroorganismen, Nützlingen)hergestellt werden. Biologicals stellen eine vielversprechende Ergänzung chemischer Produkte dar und stärken als neuer Baustein das Konzept des „Integrierten Pflanzenbaus“.
Biostimulanzien
  • Ein Pflanzen-Biostimulanz ist ein EU-Düngeprodukt, das dazu dient, pflanzliche Prozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produktes zu stimulieren, wobei die Ausrichtung zur Verbesserung eines oder mehrere Merkmale direkt auf die Pflanze oder auf die Rhizosphäre der Pflanze im Boden abzielt.
Biocontrol
  • Die natürliche biologische Schädlingsbekämpfung ist eine Ökosystemleistung, bei der Schädlinge durch natürliche Feinde ohne menschliches Eingreifen bekämpft werden. Bei der klassischen biologischen Schädlingsbekämpfung wird ein wirtsspezifischer natürlicher Feind (oder eine Mikrobe) aus dem Ursprungszentrum eines Schädlingsorganismus eingeführt, um den Schädling zu bekämpfen.
Biologische Pflanzenschutzmittel
  • Biologische Pflanzenschutzmittel basieren auf Wirkstoffen natürlichen Ursprungs, die entweder unter Verwendung natürlich vorkommender Stoffe wie Pflanzenextrakte oder der dazu identischen, synthetisch gewonnenen Stoffe oder auf Basis von Mikroorganismen hergestellt werden.
  • Folgende Kategorien lassensich laut CLE unterscheiden:
    - Semiochemikalien (Pheromone);
    - Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Viren);
    - Biochemikalien und andere Stoffe (Pflanzenextrakte, Mineralien, Peptide oder Proteine).
Bioprotectants
  • Bioprotektion dient dem Schutz vor unerwünschten Organismen, einschließlich Schädlingen und Krankheitserregern. Als Antagonisten stammen sie aus der Natur und können direkt genutzt werden oder sind naturidentisch, wenn sie synthetisch hergestellt werden.
  • Bioprotektion soll für den Menschen nicht krankheitserregend sein, keinen Schaden für den Menschen verursachen, nicht zur Resistenz gegen antimikrobielle Mittel beitragen.
Quellenhinweise:

HARTMANN, S., 2022: IVA-Biostimulanzien – neue Wege neben Mineraldüngung und Pflanzenschutz? Online-Pflanzenbautagung Sachsen. www.landwirtschaft.sachsen.de/download/Biostimulanzien_Hartmann_2022_02_25.pdf